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Abfindungsangebot für Schnellentschlossene

24.05.2016   Inwieweit es rechtens ist, wenn ein Arbeitgeber die Zahl der Beschäftigten reduzieren möchte und für ein freiwilliges Ausscheiden eine Abfindung zahlt, jedoch die Zahl der Ausscheidenden begrenzt und bei der Auswahl nach der Methode „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“ vorgeht, zeigt ein Gerichtsurteil.

Bietet ein Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung an, so darf er dabei die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzen und die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen treffen. Ein solches Vorgehen ist nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Az.: 14 Sa 1344/15) rechtlich nicht zu beanstanden.

Im Rahmen eines Programms zum Personalabbau wollte sich ein Konzern, bei dem rund 9.100 Vollzeitmitarbeiter tätig waren, von 1.600 Beschäftigten trennen. Dazu schrieb das Unternehmen in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat ein offenes Abfindungsprogramm aus, an dem sich jeder Mitarbeiter beteiligen konnte. Für den Fall, dass es mehr Interessenten als Plätze des Programms gab, sollten jene Beschäftigten gegen Zahlung einer Abfindung das Unternehmen verlassen können, die sich als Erste gemeldet hatten.

Zur Verhinderung von Ungerechtigkeiten wurden die Meldungen auf einer eigens eingerichteten Webseite der Firma unter Überwachung durch eine entsprechende Software entgegengenommen. Dort wurden sie auf die Millisekunden genau mit einer Art Zeitstempel versehen. Die Meldung eines Arbeitnehmers, der als Gruppenleiter bei dem Konzern tätig war, traf auf der Firmenwebseite um 13:07 Uhr ein. Der letzte für sein Kontingent zur Verfügung stehende Platz wurde jedoch um 13:01 Uhr vergeben.

Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung?

Das Begehren des Arbeitnehmers, gegen Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages sowie der Zahlung einer Abfindung in Höhe von knapp 300.000 Euro das Unternehmen verlassen zu können, fand daher keine Berücksichtigung. Der Arbeitnehmer sah darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Er zog daher gegen seinen Arbeitgeber vor Gericht. Ohne Erfolg. Sowohl das Arbeitsgericht Düsseldorf als auch das Landesarbeitsgericht der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt wiesen die Klage als unbegründet zurück.

Nach Meinung der Richter ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn ein Arbeitgeber in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat Mitarbeitern das Ausscheiden gegen Zahlung einer Abfindung anbietet und dabei die Anzahl der ausscheidenden Mitarbeiter begrenzt. Auch darf er dabei die Auswahl nach dem zeitlichen Eingang der Meldungen treffen. Da rechtlich kein Anspruch auf ein Ausscheiden gegen eine Abfindung besteht, stehe es einem Arbeitgeber abgesehen von Fällen einer unzulässigen Diskriminierung nämlich frei, wie er die Auswahl gestaltet.

Ein derartiges Verfahren, wie es der Konzern anwandte, verstoße nicht gegen den Gleichbehandlungs-Grundsatz. Nach Ansicht der Richter hat das Unternehmen gegenüber dem Kläger einen früheren Eingang seiner Meldung auch nicht treuwidrig vereitelt. Denn es hatte die Software, mit deren Hilfe die Meldungen entgegengenommen wurden, ausreichend getestet. In diesem Rahmen sei kein Belastungstest für jede denkbare Situation erforderlich gewesen.

Kein willkürliches Handeln

Im Übrigen zeigte sich das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger nicht willkürlich schlechtergestellt wurde als seine Kollegen. Denn er habe weder bewiesen noch sei es ersichtlich, dass aufgrund eines technischen Fehlers bestimmten Mitarbeitern ein schnellerer Zugriff auf die Webseite gewährt wurde. Mangels Verschulden des Unternehmens steht dem Kläger daher auch kein Schadenersatzanspruch zu. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falls hat das Gericht allerdings eine Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Übrigens: Wer einen Gerichtsprozess gegen seinen Arbeitgeber anstrengt, sollte wissen, dass bei einem Arbeitsrechtsstreit in der ersten Instanz der Arbeitgeber und der klagende Arbeitnehmer unabhängig vom Ergebnis jeweils selbst für ihre eigenen Rechtsanwaltskosten aufkommen müssen.

Ein Kostenrisiko besteht also nicht nur dann, wenn der Arbeitnehmer verliert, sondern auch, wenn er gewinnt. Trotzdem muss man nicht aus finanziellen Gründen grundsätzlich auf sein Recht verzichten. Eine bestehende Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Leistungszusage erteilt hat und entsprechende Erfolgsaussichten sieht.

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