Berater in Ihrer Nähe
Startseite News News-Übersicht Lohnfortzahlung wegen Krankheit trotz Kündigung

Lohnfortzahlung wegen Krankheit trotz Kündigung

15.01.2019   Wann einem Beschäftigten, dem gekündigt wurde, eine maximal sechswöchige Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber aufgrund einer bestehenden Krankschreibung zustehen kann, zeigt ein Gerichtsurteil.

Wird eine Kündigung in zeitlichem Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen, so spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die Kündigung wegen der Erkrankung ausgesprochen wurde. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall zur gesetzlichen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, wie ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: 10 Sa 1507/17) belegt.

Ein neu eingestellter Beschäftigter befand sich im ersten Monat seiner dreimonatigen Probezeit, als er erkrankte und der Arzt ihm zunächst für eine Woche eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung ausstellte. Nachdem der Arbeitnehmer nach dieser Zeit noch nicht wieder gesund war, verlängerte der Arzt die Krankschreibung um weitere drei Wochen.

Als der Arbeitnehmer diese Krankschreibung dem Arbeitgeber mitteilte, wurde sein Arbeitsverhältnis noch am selben Tag mit einer zweiwöchigen Frist gekündigt. Nach Fristablauf, also nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, zahlte die Krankenkasse dem gekündigten Arbeitnehmer ein gesetzliches Krankengeld bis zur Genesung weiter.

Die Folgen einer krankheitsbedingten Kündigung

Der Betroffene selbst nahm die Kündigung hin. Zum Streit kam es jedoch zwischen der Krankenkasse, bei der der Arbeitnehmer gesetzlich krankenversichert war, und dem Arbeitgeber. Denn nach Ansicht der Krankenkasse erfolgte die Kündigung maßgeblich aufgrund der Erkrankung des Arbeitnehmers.

Der Grund: Normalerweise erhalten Arbeitnehmer für die Dauer einer Erkrankung von bis zu sechs Wochen eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber – sofern das Arbeitsverhältnis weiter besteht. In der Regel erst nach den sechs Wochen oder auch, wenn vorher das Arbeitsverhältnis beendet ist, erhält der Arbeitnehmer ein gesetzliches Krankengeld von der Krankenkasse, einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung.

Gemäß Paragraf 8 Absatz 1 Satz 1 EntgFG (Entgeltfortzahlungs-Gesetz) hat jedoch eine krankheitsbedingte Kündigung zur Folge, dass der Arbeitgeber dem Beschäftigten den Lohn auch nach Beendigung des Beschäftigungs-Verhältnisses fortzahlen müsse. Mit Verweis auf übergangenes Recht forderte die Kasse daher vom Arbeitgeber, das bereits von der Krankenkasse an den Versicherten gezahlte Krankengeld zu erstatten.

Vom Beweis des ersten Anscheins

In seiner Klageerwiderung behauptete der Arbeitgeber, dass er das Beschäftigungs-Verhältnis nicht wegen der Erkrankung, sondern wegen einer schlechten Arbeitsleistung des Arbeitnehmers noch vor Ablauf der Probezeit gekündigt habe. Eine solche Kündigung sei gerechtfertigt. Denn andernfalls würde die Schutzfunktion einer Probezeit, die auch zugunsten eines Arbeitgebers gilt, umgangen. Diese Argumentation vermochte jedoch weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Arbeitsgericht Cottbus noch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu überzeugen.

Beide Gerichte hielten die Klage der Krankenkasse für begründet. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Arbeitgeber die von ihm behauptete schlechte Arbeitsleistung des Beschäftigten zwölf Tage vor Ausspruch der Kündigung festgestellt. Seit Beschäftigungsbeginn war es der erste Fall dieser Art. Er war obendrein nicht schwerwiegend.

Nach Meinung der Richter spricht daher der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Arbeitgeber die Kündigung am Tag der Verlängerung der Krankschreibung des Beschäftigten vor allem wegen der Erkrankung ausgesprochen hat. Denn eine krankheitsbedingte Anlasskündigung sei zu vermuten, wenn sie in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit einer Krankschreibung oder deren Verlängerung erfolgt.

Nicht immer handeln Arbeitgeber richtig

In dem entschiedenen Fall kam hinzu, dass der Arbeitgeber nach eigenen Angaben fast drei Jahre händeringend darauf gewartet hatte, die Stelle des nunmehr gekündigten Beschäftigten zu besetzen. Nach Ansicht der Richter sei daher zu erwarten gewesen, dass er das eher geringe Fehlverhalten des Beschäftigten zwar beanstandet, aber abwartet, ob sich während der Probezeit entsprechende Fehler wiederholen würden, ohne ihm gleich zu kündigen. Auch das spreche dafür, dass die Kündigung vor allem wegen der Krankschreibung ausgesprochen worden sei.

Der Arbeitgeber sei daher zur Lohnfortzahlung verpflichtet gewesen. Der Fall zeigt, dass sich auch Arbeitgeber durchaus täuschen können, wenn es um die Lohnfortzahlung oder andere Entscheidungen rund um ein Arbeitsverhältnis geht. Wer sich als Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlt, zum Beispiel, weil er eine Kündigung des Arbeitgebers als ungerechtfertigt ansieht, kann notfalls vor Gerichtg prüfen lassen, ob das Vorgehen des Arbeitgebers rechtens ist.

Wenn man allerdings einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht austrägt, muss man die eigenen Anwaltskosten, die in der ersten Instanz anfallen, selbst tragen – und zwar egal, ob man gewonnen oder verloren hat. Das gilt für den Arbeitgeber wie auch für den Arbeitnehmer. Kostenschutz für Arbeitsgerichts-Streitigkeiten kann ein Arbeitnehmer durch eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung haben. Sie übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat.

zurück zur Übersicht