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Neuer Mindestlohn führt weiterhin in die Altersarmut

20.07.2020   Vor Kurzem wurde eine Anhebung des Mindestlohns in den nächsten zwei Jahren auf insgesamt 10,45 Euro beschlossen. Eine Beispielrechnung belegt, dass auch dieser Mindestlohn noch lange nicht reicht, um einer Altersarmut zu entgehen.

Vor Kurzem hat die Mindestlohnkommission beschlossen, den Mindestlohn in vier Schritten bis Juli 2022 auf 10,45 Euro anzuheben. Allerdings reicht diese Anhebung nicht, um die Erwerbstätigen mit Mindestlohn vor der Altersarmut zu schützen. Die gesetzliche Altersrente eines Arbeitnehmers bleibt nämlich selbst nach 35 Jahren Erwerbstätigkeit auf Mindestlohnniveau und trotz der neuen zusätzlichen Grundrente, wie sie am 2. Juli 2020 beschlossen wurde, unter der Armutsgrenze.

Am 30. Juni 2020 hat die Mindestlohnkommission beschlossen, die Höhe des Mindestlohns in vier Stufen auf insgesamt 10,45 Euro anzuheben. Seit dem 1. Januar 2020 liegt er bei 9,35 Euro. Nun wird er am 1. Januar 2021 auf 9,50 Euro, am 1. Juli 2021 auf 9,60 Euro, am 1. Januar 2022 auf 9,82 Euro und schließlich am 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro angehoben.

Doch selbst wer 35 oder 45 Jahre erwerbstätig ist und einen Mindestlohn von 10,45 Euro hat, kann mit der damit erworbenen gesetzlichen Altersrente nicht der Altersarmut entgehen, wie Musterberechnungen des Versicherungsjournals verdeutlichen.

Monatliches Gehalt bei rund 1.811 Euro

Grundlage der nachfolgenden Musterberechnungen sind die Rentenberechnungsformel, die aktuellen Rentenwerte, das aktuelle Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten zur Berechnung der Entgeltpunkte sowie ein Mindestlohn von 10,45 Euro pro Arbeitsstunde. Wobei davon ausgegangen werden kann, dass sich diese Werte wie bisher auch, künftig noch ändern werden. So ist beispielsweise von einem steigenden Durchschnittsentgelt und höheren Rentenwerten auszugehen. Auch der Mindestlohn wird voraussichtlich weiter steigen.

Ein Arbeitnehmer mit einem Mindestlohn von 10,45 Euro pro Arbeitsstunde hat bei einer 40-Stunden-Woche (52 Wochen im Jahr) ein Jahresbruttoeinkommen von rund 21.736 Euro beziehungsweise 1.811 Euro im Monat.

Das Durchschnittsentgelt aller gesetzlich Rentenversicherten, das zur Berechnung der jährlich erreichten Entgeltpunkte zugrunde liegt, beträgt im Jahr 2020 vorläufig 40.551 Euro in den alten und 37.898 Euro in den neuen Bundesländern.

Rentenhöhe nach 35 oder 45 Jahren Erwerbstätigkeit mit Mindestlohn

Dem genannten Arbeitnehmer mit einem Mindestlohn von 10,45 Euro würden somit pro Jahr rund 0,536 Entgeltpunkte in West- beziehungsweise knapp 0,574 Entgeltpunkte in Ostdeutschland auf seinem Rentenkonto gutgeschrieben.

Daraus ergibt sich nach 35 Jahren Erwerbstätigkeit auf Grundlage des aktuellen Rentenwerts (34,19 Euro West und 33,23 Euro Ost) ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente in Höhe von brutto rund 641 Euro in West- und 667 Euro in Ostdeutschland.

Nach 45 Jahren mit einem Mindestlohn von 10,45 Euro pro Arbeitsstunde beläuft sich die gesetzliche Altersrente auf etwa 825 Euro in West- und 858 Euro in Ostdeutschland.

Trotz Mindestlohn und Grundrente droht Altersarmut

Nach einem aktuellen Beschluss der Bundesregierung hat ein Geringverdiener, der im Durchschnitt pro Jahr mindestens 0,3 und maximal 0,8 Entgeltpunkte erreicht, nach 35 Jahren einen Anspruch auf eine zusätzliche Grundrente im vollen Umfang bis maximal 404,86 Euro. Hierbei werden die erreichten Entgeltpunkte verdoppelt, jedoch maximal auf 0,8 Entgeltpunkte pro Jahr angehoben – davon werden 12,5 Prozent abgezogen.

Aktuell würde sich damit die Grundrente auf Basis des genannten Mindestlohnbeispiels auf circa 267 Euro in West- und 230 Euro in Ostdeutschland belaufen. Insgesamt bekäme der Arbeitnehmer damit eine gesetzliche Gesamtrente, also gesetzliche Altersrente plus Grundrente von rund 918 Euro in West- und 898 Euro in Ostdeutschland. Diese Rentenleistung inklusive Grundrente wäre damit zwar deutlich höher als die Altersrente ohne Grundrente, die dem Arbeitnehmer mit Mindestlohn selbst nach 45 Jahren Erwerbstätigkeit zustehen würde, sie liegt aber immer noch unter der Armutsgrenze.

Zumal die genannten Rentenhöhen Bruttowerte sind. Hiervon sind noch die Beiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen. Die Armuts(gefährdungs)-Schwelle (Armutsgrenze) lag nämlich laut dem Statistischen Bundesamt bereits 2018 hierzulande bei 1.035 Euro Nettoeinkünften – aktuellere Daten liegen noch nicht vor, allerdings kann in 2020 von einer noch höheren Armutsgrenze ausgegangen werden.

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