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Unfall im Ausland: Geschädigte „zwischen den Stühlen“

19.02.2020   Verkehrsexperten fordern Änderungen bei der Regulierung, um eine fatale Regelungslücke zu schließen. Auf dem Verkehrsgerichtstag empfehlen sie Autofahrern vorerst, das Risiko durch eine Versicherung zu reduzieren.

Die Schadenabwicklung bei Auslandsunfällen ist international geregelt. In der Praxis kann es jedoch sein, dass Unfallopfer leer ausgehen. Was Experten Autofahrern, die auch im Ausland unterwegs sind, raten, um dies zu verhindern.

Normalerweise können sich Unfallopfer, die im Ausland bei einem Verkehrsunfall geschädigt werden, in Deutschland an einen wenden, dessen Kontaktdaten sie über den Zentralruf der GDV Dienstleistungs-GmbH erfahren. Jeder ausländische Kfz-Versicherer muss nämlich dafür sorgen, dass Schäden im Ausland in der Heimat, also beispielsweise in Deutschland reguliert werden. So sieht es das europäische Recht vor.

Grundlage der Schadenabwicklung, auch wenn sie in Deutschland erfolgen kann, ist allerdings in der Regel das Verkehrs- und Schadenersatzrecht des Landes, in dem sich der Unfall ereignet hat. Durch den Schadenregulierungs-Beauftragten kann die Schadenregulierung jedoch in der deutschen Sprache erledigt werden. Gibt es trotzdem Probleme, kann die Verkehrsopferhilfe e.V. eingeschaltet werden. Sie ist die Entschädigungsstelle für Auslandsunfälle und leistet selbst, wenn der zuständige Regulierer nicht innerhalb von drei Monaten antwortet.

Schadenregulierung im Ausland oft schleppend

Doch diese Hilfe kann von ausländischen Versicherern umgangen werden. Darauf haben Teilnehmer des diesjährigen Verkehrsgerichtstags, einer jährlich stattfindenden Konferenz zum Thema Straßenverkehrsrecht, aufmerksam gemacht. „Nach unseren Erfahrungen werden die Geschädigten teilweise hingehalten“, sagte Dr. Markus Schäpe, der die Juristische Zentrale des Automobilclubs ADAC e.V. leitet. Dann hat zwar der nationale Regulierungsbeauftragte Leistungen zugesagt, doch der ausländische Kfz-Versicherer noch kein Geld gezahlt.

Der Geschädigte hängt regelrecht im laufenden Verfahren „zwischen den Stühlen“: Weder der deutsche Regulierungsbeauftragte noch die Verkehrsopferhilfe leisten. Und das kann für das Unfallopfer gefährlich werden, denn, wie ein Sprecher eines deutschen Versicherers berichtet, verjähren die Ansprüche aus Kfz-Unfällen zum Beispiel in Spanien bereits nach einem Jahr.

Daher forderten die Experten beim letzten Verkehrsgerichtstag, die Kompetenzen des Regulierungs-Beauftragten zu erweitern, damit unter anderem die Schadenabwicklung eines Verkehrsunfalls im Ausland, bei dem ein Unfallbeteiligter ein Deutscher ist, fair und schneller funktioniert. Künftig soll daher der Regulierungsbeauftragte auch dann den zustehenden Schadenersatz an den Geschädigten zahlen können, wenn der ausländische Versicherer die Leistung verzögert.

Längere Verjährung

Für solche Zahlungen soll die nationale Entschädigungsstelle, in Deutschland also die Verkehrsopferhilfe, eine Garantie geben. Gleichzeitig fordern die Experten, dass die Verjährung von Ansprüchen nach Verkehrsunfällen europaweit auf drei oder vier Jahre festgeschrieben wird. In Deutschland gilt derzeit eine Verjährung von drei Jahren.

Auch die Beweisaufnahme bei Gerichtsverfahren in Deutschland soll erleichtert werden. Denn wer mit der Leistung des ausländischen Versicherers nicht zufrieden ist, muss klagen. Zwar kann er das vor einem heimischen Gericht tun, doch in der Regel kennen die nationalen Gerichte das fremde Recht, nachdem sie den Unfall regulieren sollen, nur unzureichend. Derzeit sind sie daher meist auf die Unterstützung von Sachverständigen angewiesen, welche jedoch nicht in jedem Land zu jedem Schadenersatzthema problemlos zu finden sind.

Zudem seien die Gutachten häufig recht allgemein gehalten und daher oft kaum hilfreich, so Experten der heimischen Versicherer. Daher fordern die Verkehrsexperten, dass die EU-Kommission „Hilfsmittel“ bereitstellt, damit die heimischen Richter wissen, welche genauen Schadenersatzregeln im Ausland gelten. Ob und bis wann eine Umsetzung der Forderungen erfolgt, wie sie auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar von den Experten verlangt wurden, ist derzeit nicht vorauszusehen.

Problem der Anwaltskosten bleibt

Ein weiteres Problem ist, dass bei einem Auslandsunfall für die Regulierung das Recht des Unfallortes gilt. Zur Klärung der Ansprüche brauchen die Geschädigten in aller Regel Rechtsberatung. Teilweise ist sogar das Einschalten eines Korrespondenzanwaltes im Ausland notwendig.

Auf diesen Kosten bleiben aber derzeit deutsche Autofahrer in vielen Ländern sitzen. In manchen Ländern sind die Anwaltskosten jedoch um ein x-Faches höher als in Deutschland.

Experten empfehlen daher Autofahrern den Abschluss einer Verkehrsrechtsschutz-Versicherung, um auch vor diesem Kostenrisiko geschützt zu sein.

Spezieller Auslandsschutz für deutsche Autofahrer

Empfehlenswert ist aber auch eine Auslandsschutz-Versicherung – dies ist ein zusätzlicher Versicherungsschutz zur eigenen Kfz-Haftpflicht-Versicherung, der meist in der eigenen Kfz-Versicherung gegen einen kleinen Aufpreis miteingeschlossen werden kann. Mit einem bestehenden Auslandsschutz wird der Autofahrer, wenn er mit seinem Auto unschuldig im Ausland in einen Unfall verwickelt ist, so gestellt, als hätte sich der Unfall in Deutschland ereignet.

Der eigene Kfz-Versicherer übernimmt dabei nicht nur die komplette Schadenabwicklung, sondern er kommt auch für den fremdverursachten Schaden so auf als, sei der Unfallverursacher in Deutschland versichert. Dies ist unter anderem von Vorteil, weil in einigen Ländern die Leistungs-Verpflichtungen der dort ansässigen Kfz-Versicherer deutlich geringer sind als in Deutschland. So sind zum Beispiel die Mindestdeckungssummen der Kfz-Haftpflichtversicherung in einigen Ländern niedriger als in Deutschland.

Auch einen Anspruch des unschuldigen Unfallgegners auf eine Entschädigung wegen einer bei einem Unfall erlittenen Wertminderung des Autos gibt es in manchen Ländern nicht. Die Folge: Nach dem Recht so mancher Länder würde ohne einen Auslandsschutz ein Unfallopfer aus Deutschland je nach Schadenart eine weitaus geringere Entschädigung erhalten als hierzulande. Der eigene Schadenfreiheitsrabatt wird durch eine Schadenregulierung des eigenen Kfz-Versicherers im Rahmen eines bestehenden Auslandsschutzes übrigens nicht schlechtergestellt.

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