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Ungeduldiger Linksabbieger

08.04.2021   Was ein Kfz-Fahrer beim Abbiegen auf eine mehrspurige Straße beachten sollte, zeigt ein Gerichtsurteil.

Wer auf einer Linksabbiegerspur einem Fahrzeug hinterherfährt und nach dem Abbiegen auf eine mehrspurige Straße an dem Vorausfahrenden vorbeifahren will, darf das erst dann tun, wenn eindeutig feststeht, welche Spur dieser nutzen wird. Das Wahlrecht des Vorausfahrenden endet in der Regel nämlich frühestens 15 bis 20 Meter nach dem Beginn der Fahrstreifenmarkierung. Dies erklärte das Kammergericht Berlin in einem veröffentlichten Urteil (Az.: 22 U 18/19).

Ein Autofahrer fuhr mit seinem PS-starken Mercedes hinter einem Kleinwagen auf einer Linksabbiegerspur. Beide wollten nach links auf eine mehrspurige Straße abbiegen.

Unmittelbar nach dem Abbiegevorgang beschleunigte der Fahrer des Mercedes stark, um rechts am Vorausfahrenden vorbeizufahren. Der Autofahrer des Kleinwagens entschloss sich jedoch ebenfalls dazu, die rechte der beiden Fahrspuren zu nutzen. Es kam daher zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge.

Erfolglose Klage

Der Mercedes-Fahrer verklagte den Fahrer des Kleinwagens beziehungsweise dessen Kfz-Haftpflichtversicherung auf Ersatz des ihm durch den Unfall entstandenen Schadens. Der Kleinwagenfahrer habe nach Ansicht des Mercedes-Fahrers gegen Paragraf 7 Absatz 5 StVO (Straßenverkehrsordnung) verstoßen, indem er nach dem Abbiegevorgang den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne auf den nachfolgenden Verkehr zu achten.

Anders als das in erster Instanz mit dem Fall befasste Berliner Landgericht hielten die Richter des Kammergerichts der Stadt die Klage des Mercedes-Fahrers jedoch für unbegründet. Sie gaben daher der Berufung des beklagten Kleinwagenfahrers statt.

Bestehendes Wahlrecht

Nach Ansicht der Richter hat der Beklagte keinen Fahrstreifenwechsel im Sinne von Paragraf 7 Absatz 5 StVO vorgenommen, als er sein Fahrzeug von der einspurigen Linksabbiegerspur auf die rechte der beiden Fahrspuren der Straße, auf die er abgebogen war, lenkte. Als Vorausfahrendem habe ihm das Wahlrecht zugestanden, welche der beiden Spuren er nutzen wollte. Dem Kläger sei es verwehrt gewesen, dem Beklagten sein Wahlrecht durch starkes Beschleunigen streitig zu machen.

Nach Ansicht des Gerichts hätte er vielmehr abwarten müssen, bis sich der Vorausfahrende endgültig eingeordnet hatte. „Diese Wahlfreiheit endet für das Abbiegen aus einem Fahrstreifen ebenso wie bei zulässigem parallelem Abbiegen oder bei Aufteilung eines Fahrstreifens in zwei Fahrstreifen erst mit der endgültigen Einordnung des Voranfahrenden, also allenfalls 15 bis 20 Meter hinter der Fußgängerfurt, wenn also das endgültige Einordnen nach dem Beginn von Fahrstreifen-Markierungen klar erkennbar ist“, so das Berliner Kammergericht in seiner Urteilsbegründung.

Rücksichtslos beschleunigt

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war es zu der Kollision jedoch praktisch unmittelbar nach dem Abbiegevorgang gekommen. Das Gericht zeigte sich daher davon überzeugt, dass der Kläger sein Fahrzeug rücksichtslos beschleunigt hatte, um rechts zu überholen, bevor sich der Beklagte für eine der beiden Fahrspuren entscheiden konnte.

Er sei daher allein für den Unfall verantwortlich. Die Richter sahen keine Veranlassung, ein Rechtsmittel gegen ihre Entscheidung zuzulassen.

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