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VW muss Kunden Schadenersatz zahlen

04.06.2020   Der Bundesgerichtshof hat in einer deutlichen Grundsatzentscheidung die Rechte von Fahrzeugkäufern, die vom Abgasskandal betroffen sind, gestärkt. Weniger freuen dürften sich diejenigen, die einen Vergleich mit dem Autokonzern geschlossen haben.

Den Käufern eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs steht ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Das gilt auch, wenn sie einen Gebrauchtwagen erworben haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof in einem kürzlich getroffenen Urteil (Az.: VI ZR 252/19).

Ein Mann hatte im Januar 2014 einen gebrauchten VW Sharan erworben, der mit einem vom Abgasskandal betroffenen Dieselmotor ausgestattet war. Als er von der Manipulation erfuhr, verlangte er, den für das Fahrzeug gezahlten Kaufpreis in Höhe von 31.500 Euro nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Autos zurückzubekommen.

Der VW-Konzern bestritt, dass dem Käufer durch die illegale Abgastechnik ein Schaden entstanden sei. Denn schließlich habe der Mann im Februar 2017 ein Software-Update durchführen lassen. Mit dessen Hilfe konnte das Fahrzeug nur noch in dem von der Zulassungsbehörde geforderten Modus betrieben werden. Der Mann wollte sich mit Ablehnung nicht zufriedengeben und ging vor Gericht.

Bewusste langjährige Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes

Die Argumentation des VW-Konzerns vermochte weder das in der Vorinstanz mit dem Fall befasste Koblenzer Oberlandesgericht noch den Bundesgerichtshof (BGH) zu überzeugen. Anders als das in erster Instanz mit der Klage befasste Landgericht Kreuznach hielten die Richter beider Instanzen die Klage des sich geprellt fühlenden Käufers für berechtigt. Nach Ansicht des BGH hat sich der VW-Konzern durch die Verwendung der „Schummelsoftware“ einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung schuldig gemacht.

„Denn die Beklagte hat […] durch bewusste und gewollte Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes systematisch, langjährig und in Bezug auf den Dieselmotor der Baureihe EA189 in siebenstelligen Stückzahlen in Deutschland Fahrzeuge in Verkehr gebracht, deren Motorsteuerungssoftware bewusst und gewollt so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte mittels einer unzulässigen Abschalteinrichtung nur auf dem Prüfstand eingehalten wurden“, so das BGH.

Damit sei nicht nur eine erhöhte Belastung der Umwelt mit Stickoxiden verbunden gewesen. Der Konzern habe auch damit rechnen müssen, dass bei einer Aufdeckung dieses Sachverhalts eine Betriebsbeschränkung oder -untersagung hinsichtlich der betroffenen Fahrzeuge erfolgen könnte. Die Richter bezeichneten das Verhalten daher als besonders verwerflich. Es sei nicht mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung zu vereinbaren.

Erstattung des Kaufpreises bei Anrechnung der Nutzungsvorteile

Der Kläger sei arglistig getäuscht worden. Das habe zur Folge gehabt, dass er ein Fahrzeug erworben habe, das für seine Zwecke nicht brauchbar war. Darauf, dass es sich um einen Gebraucht- und nicht um einen Neuwagen handelte, komme es nicht an.

Daher könne der Mann gegen Übergabe des Fahrzeugs die Erstattung des Kaufpreises verlangen. Dabei müsse er sich aber die Nutzungsvorteile auf Basis der von ihm gefahrenen Kilometer anrechnen lassen.

Denn er dürfe im Hinblick auf das schadenersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne den ungewollten Vertragsabschluss stünde. Demnach stehen ihm knapp 26.000 Euro zu.

Keine Auswirkung für Kunden, die Vergleich abgeschlossen haben

Nach Medienberichten hat der VW-Konzern angekündigt, weitere Verfahren im Einvernehmen mit den Klägern zeitnah beenden und ihnen entsprechende Vorschläge unterbreiten zu wollen. Man werde ihnen als pragmatische und einfache Lösungen Einmalzahlungen anbieten. Derzeit seien noch rund 60.000 Verfahren anhängig, welche noch nicht rechtskräftig entschieden seien.

Keine Auswirkungen wird die Entscheidung des BGH auf jene rund 240.000 Kunden des Autoherstellers haben, die sich im Rahmen einer Musterfeststellungs-Klage auf einen Vergleich eingelassen haben. Sie können kein weiteres Geld erwarten.

Die Entscheidung dürfte nach Meinung von Experten auch Auswirkungen auf die Käufer von Fahrzeugen anderer Hersteller haben, deren Motoren ebenfalls mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestattet worden waren.

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