Berufskrankheit: Rekord bei der Anzahl der Verdachtsfälle
22.09.2020
Erstmals ist die Anzahl der Betroffenen, bei denen ein Verdacht auf eine Berufskrankheit besteht, auf über 80.100 Personen im Jahr gestiegen. Allerdings erhalten nur wenige tatsächlich auch eine entsprechende Leistung von der gesetzlichen Unfallversicherung.
Letztes Jahr bestand bei mehr als 80.100 Beschäftigten der Verdacht, dass sie an einer Berufskrankheit leiden. Das ist der bisher höchste Wert. Allerdings zeigt eine aktuelle Statistik auch, dass die Anzahl derer, die wegen einer Berufskrankheit tatsächlich Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wie zum Beispiel eine Verletztenrente erhielten, in 2019 im Vergleich zum Vorjahr sogar zurückgegangen ist.
Leidet ein Beschäftigter an einer anerkannten Berufskrankheit und steht er unter dem Schutz der
gesetzlichen Unfallversicherung, übernimmt der zuständige Unfallversicherungs-Träger wie eine Berufsgenossenschaft die Kosten für geeignete Mittel und Maßnahmen, um eine Heilung zu erzielen. Ist eine Heilung nicht möglich, werden Maßnahmen bezahlt, um die Krankheit zu lindern und eine Verschlimmerung zu verhindern. Der Unfallversicherungs-Träger gewährt also Leistungen für die
medizinische Versorgung bis hin zur
beruflichen Wiedereingliederung.
Nach der aktuellen und endgültigen Statistik der
Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) bestand letztes Jahr bei 80.132 Personen der Verdacht, dass sie eine Berufskrankheit haben. Das waren 2,9 Prozent mehr als noch im Vorjahr und zugleich der bisher höchste Wert. Allerdings bestätigte sich der Verdacht bei nur 35.264 Betroffenen, und damit bei 7,2 Prozent weniger als 2018.
Beruflich bedingte Krankheit oder Berufskrankheit
Eine Krankheit gilt nur als
anerkannte Berufskrankheit, wenn sie nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht wird, denen bestimmte Personengruppen durch ihre berufliche Tätigkeit deutlich mehr ausgesetzt sind als andere. Geregelt ist dies in
Paragraf 9 SGB VII (Siebtes Sozialgesetzbuch)
Wird eine Krankheit nur zum Teil und nicht hauptsächlich durch eine berufliche Tätigkeit verursacht, handelt es sich nicht um eine Berufskrankheit.
Deshalb werden auch viele Volkskrankheiten wie Muskel-, Gelenk-, Skelett- oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht als Berufskrankheiten anerkannt. Aktuell gibt es rund 80 anerkannte Berufskrankheiten. Sie sind in der
Anlage der
Berufskrankheiten-Verordnung, der sogenannten
Berufskrankheitenliste verzeichnet.
Versicherungs-rechtliche Voraussetzungen
Doch auch wenn eine anerkannte Berufskrankheit vorliegt, besteht nur ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn der Betroffene auch
gesetzlich unfallversichert ist.
Ein entsprechender gesetzlicher Unfallschutz besteht in der Regel für Arbeitnehmer, nicht jedoch für die meisten
Freiberufler, Gewerbetreibenden oder sonstigen Unternehmer und Selbstständige, sofern diese nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung freiwillig oder pflichtversichert sind.
Von allen, die 2019 die Bestätigung bekamen, dass sie an einer anerkannten Berufskrankheit leiden, erfüllten nur 18.156 Betroffene die versicherungs-rechtlichen Voraussetzungen, um einen Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung zu haben. Das waren 8,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Hingegen starben 2.555 Personen und damit 4,9 Prozent mehr als 2018 an einer anerkannten Berufskrankheit.
Wenn die Berufskrankheit zur Erwerbsminderung führt
In besonders schweren Fällen kann eine Berufskrankheit aber auch zur einer dauerhaften Erwerbsminderung führen. Hat eine anerkannte Berufskrankheit eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 Prozent zur Folge, erhalten die gesetzlich unfallversicherten Betroffenen je nach Grad der Erwerbsminderung eine
Voll- oder Teilrente (Verletztenrente).
Allerdings ist diese Verletztenrente deutlich geringer als das bisherige Einkommen. So beträgt bei einer 100-prozentigen Erwerbsunfähigkeit die Vollrente maximal zwei Drittel des
Jahresarbeits-Verdienstes (JAV), den der Betroffene vor Eintritt der Berufskrankheit erzielte.
Übrigens, nur 4.667 Personen und somit 3,0 Prozent weniger als im Vorjahr hatten 2019 die Voraussetzungen für eine gesetzliche Unfallrente aufgrund einer Erwerbsminderung durch eine Berufskrankheit.
Gesetzliche Absicherungslücken
Die Statistik belegt, dass zwar immer mehr unter berufsbedingten Krankheiten leiden, aber aufgrund der hohen gesetzlichen Hürden nur wenige von der gesetzlichen Unfallversicherung Leistungen bekommen. Doch selbst wenn ein Anspruch auf eine gesetzliche Unfallrente besteht, muss der Betroffene mit hohen Einkommenseinbußen im Vergleich zum bisherigen Verdienst rechnen.
Denn selbst wenn man neben der gesetzlichen Unfallrente aufgrund der Erwerbsminderung eine
Erwerbsminderungsrente von der
gesetzlichen Rentenversicherung erhält, sind beide Rentenleistungen zusammen niedriger als das bisherige Einkommen. Der Grund: Die beiden Rentenarten dürfen zusammen einen bestimmten Grenzbetrag nicht übersteigen – die gesetzliche Erwerbsminderungsrente wird gegebenenfalls entsprechend gekürzt.
Lösungen, um sowohl einen fehlenden als auch einen unzureichenden gesetzlichen Schutz, der im Rahmen einer Krankheit oder auch eines Unfalles zu Einkommenseinbußen führen kann, abzusichern, gibt es von der privaten Versicherungswirtschaft. Dazu gehört zum Beispiel eine private Erwerbs- oder Berufsunfähigkeits-Versicherung. Beim Versicherungsfachmann erfährt man, worauf es bei einer bedarfsgerechten Einkommensabsicherung ankommt.
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