Entlastung für Alleinerziehende
05.09.2018
Das Armutsrisiko für Alleinerziehende ist im Durchschnitt hierzulande mehr als doppelt so hoch wie für die Gesamtbevölkerung, wie eine offizielle Statistik zeigt. Welche staatlichen oder gemeinnützigen Hilfen es für Alleinerziehende gibt, um finanzielle und alltägliche Probleme besser zu meistern.
Für Alleinerziehende ist die Bewältigung des Alltags oft eine Herausforderung: von der Erziehung des Kindes über die Doppelbelastung von Kind und Beruf bis hin zu finanziellen Schwierigkeiten. So ist zum Beispiel das durchschnittlich verfügbare Einkommen je Familienmitglied bei einem Haushalt eines Alleinerziehenden signifikant niedriger als bei einem Haushalt mit zwei Elternteilen. Unterstützung finden Betroffene jedoch durch bestimmte finanzielle Hilfen vom Staat sowie Beratungsangebote und Broschüren vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Letztes Jahr gab es nach Angaben des
Statistischen Bundesamtes (Destatis) rund 1,5 Millionen Alleinerziehende mit mindestens einem minderjährigen Kind im Haushalt in Deutschland. Damit war fast jede fünfte Familie mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren eine sogenannte Ein-Eltern-Familie. Der überwiegende Teil der Alleinerziehenden, nämlich 88 Prozent, sind Frauen.
Zu den alltäglichen Problemen einer Familie mit Kindern wie der Kindererziehung und der Kinderbetreuung, die Alleinerziehende oftmals alleine lösen müssen, kommen bei den Ein-Eltern-Familien überdurchschnittlich oft auch noch finanzielle Schwierigkeiten hinzu.
Armutsrisiko für Alleinerziehende höher als für andere
Nach Angaben des vor Kurzem von der Destatis veröffentlichten Berichts „Alleinerziehende in Deutschland 2017“ war rund jeder dritte Ein-Eltern-Haushalt, konkret 32,6 Prozent in 2016 armutsgefährdet. Im Durchschnitt lag der Anteil bei allen Haushalten bei 16,5 Prozent, also fast nur halb so hoch, und bei den Familienhaushalten mit zwei Erwachsenen waren es sogar nur elf Prozent und damit nur knapp ein Drittel im Vergleich zu den Alleinerziehenden.
Als armutsgefährdet gelten Personen, die in einem Haushalt mit einem Gesamteinkommen von weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) aller Haushalte leben. 2016 lag die Armutsschwelle beispielsweise für einen Alleinerziehenden mit einem unter 14-jährigen Kind bei einem Haushaltsnettoeinkommen von 1.383 Euro.
Bei den Haushalten, die eine unerwartete finanzielle Ausgaben in Höhe von knapp 1.000 Euro, wie zum Beispiel eine Autoreparatur, nicht aus dem eigenen finanziellen Budget bestreiten können, waren ebenfalls die Alleinerziehenden am häufigsten betroffen. Während das im Durchschnitt für rund 30 Prozent aller Haushalte in 2016 ein Problem gewesen wäre, waren es bei den Ein-Eltern-Haushalten sogar fast 63 Prozent und damit mehr als doppelt so viele.
Weniger Geld zum Leben als andere
Durchschnittlich betrug das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied bei allen Haushalten 1.444 Euro und bei Haushalten mit zwei Elternteilen und Kindern waren es je Familienmitglied 1.175 Euro. Dagegen betrug das verfügbare Einkommen je Haushaltsmitglied bei einem Ein-Eltern-Haushalt nur 967 Euro und war damit um ein Fünftel niedriger als bei einem Haushalt mit zwei Elternteilen.
Experten sehen die Gründe für das finanzielle Risiko für Alleinerziehende unter anderem in den schlechteren Chancen für Alleinerziehende auf dem Arbeitsmarkt sowie Schwierigkeiten, eine zeitlich passende Kinderbetreuung zu finden.
Dies zeigen auch die Ergebnisse des
Mikrozensus 2018, wie das Statement von Destatis-Referent Christian Wingerter belegt: „Mehr als die Hälfte der nicht erwerbstätigen alleinerziehenden Mütter (55 Prozent) war an der Aufnahme einer Arbeit interessiert.“ Er führt weiter aus: „30 Prozent der nicht erwerbstätigen alleinerziehenden Mütter sahen sich trotz des Wunsches nach Arbeit nicht in der Lage, eine Beschäftigung aufzunehmen. Familiäre oder persönliche Gründe wurden von ihnen am häufigsten als Hinderungsgrund angegeben.“
Vom Kindergeld bis zum Unterhaltsvorschuss
Doch für Alleinerziehende gibt es auch diverse staatliche Hilfen, um den Alltag leichter zu meistern und finanzielle Probleme zu minimieren, die sie kennen sollten. So gibt es zum Beispiel ein
Kindergeld für Alleinerziehende, einen
Kinderzuschlag, einen
Unterhaltsvorschuss und diverse
steuerlichen Entlastungen. Informationen dazu bietet das Webportal des
Bundesministeriums für Familie, Senioren und Frauen und Jugend (BMFSFJ) unter
familienportal.de.
Unter
www.infotool-familie.de, einem anderen Webportal des BMFSFJ, gibt es ein Onlinetool, mit dem sich in wenigen Schritten die Familienleistungen und/oder -hilfen ermitteln lassen, auf die man entsprechend der persönlichen Situation voraussichtlich Anspruch hat. Beim
BMFSFJ kann auch die 240-seitige Broschüre „
Alleinerziehend – Tipps und Informationen“ von 2016 des
Verbands alleinerziehender Mütter und Väter, Bundesverband e.V. (VAMV) bestellt oder heruntergeladen werden.
Der Ratgeber enthält neben Hinweisen zu finanziellen Hilfen diverse Tipps zu typischen Problemen von Alleinerziehenden sowie Erläuterungen zu Rechtsthemen wie Sorgerecht und Unterhalt. Online abrufbar ist beim
VAMV zudem eine
Ergänzung zur Broschüre mit Stand Januar 2018, die die neuen Regelungen zum Beispiel bezüglich des Unterhaltsvorschusses und des Mutterschutzes sowie die aktuellen Daten und Werte zum Kinderunterhalt bis hin zum Kinderzuschlag enthält. Aufgeführt sind in der Broschüre unter anderem Adressen diverser Anlaufstellen für eine persönliche Beratung.
Ansprechpartner bei Fragen und in Krisensituationen
Entsprechende Beratungs- und Anlaufstellen gibt es zum Beispiel von den
Jugendämtern oder Erziehungs- und Familienberatungs-Stellen wie dem
Deutschen Caritasverband, der
Diakonie Deutschland und dem
Roten Kreuz. Eine
Onlinesuche nach Erziehungs- und Familienberatungs-Stellen bietet auch das Webportal der
Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Anlaufstellen für Krisen-, Sucht-, Schulden- oder auch Lebensberatung enthält zudem der
Online-Beratungsführer der
Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB).
In Krisensituationen können unter anderem das vom BMFSFJ geförderte
Elterntelefon der
Nummer gegen Kummer e.V., das online oder unter anderem werktags zu bestimmten Zeiten unter der Rufnummer 0800 1110550 zu erreichen ist, weiterhelfen. Wenn die Einkünfte trotz aller Hilfen nicht für das Mindestmaß an Lebensunterhalt ausreichen, können Alleinerziehende auch eine
Sozialhilfe beziehen. Infos dazu gibt es vom
Bundesministerium für Arbeit und Soziales und von der
Bundesagentur für Arbeit.
Für Alleinerziehende empfiehlt sich zudem ein Beratungsgespräch mit einem Versicherungsfachmann, denn zum einen gilt es existenzielle Risiken wie eine Berufsunfähigkeit abzusichern, zum anderen kann der Experte auf mögliche Sparpotenziale im Versicherungsbereich hinweisen.
zurück zur Übersicht