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Jobkündigung nach Videobeweis

04.09.2018   Ob ein Arbeitnehmer sich gegen eine Jobkündigung erfolgreich wehren kann, nachdem er von Videokameras, die rechtmäßig in den Firmenräumen installiert und den Mitarbeitern bekannt sind, beim Diebstahl von Firmeneigentum erwischt wird, zeigt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Wird ein Beschäftigter im Rahmen einer offenen rechtmäßigen Videoüberwachung eines Diebstahls von Firmeneigentum überführt, so kann er sich im Fall einer Kündigung nicht darauf berufen, dass diese unrechtmäßig sei, weil sein Arbeitgeber die Aufzeichnungen nicht zeitnah ausgewertet habe. So hat das Bundesarbeitsgericht in einem aktuellen Urteil (Az.: 2 AZR 133/18) entschieden.

Um sich vor Straftaten sowohl von Kunden als auch von Angestellten zu schützen, hatte ein Inhaber eines Tabak- und Zeitschriftenhandels eine offene Videoüberwachung installiert. Dies war auch einer Arbeitnehmerin bekannt, die als 450-Euro-Kraft im Laden tätig war.

Nachdem dem Ladeninhaber und gleichzeitig Arbeitgeber der Minijobberin im dritten Quartal 2016 bei einer Stichprobenkontrolle ein Fehlbestand an Tabakwaren aufgefallen war, ließ er im August des Jahres die Aufzeichnungen der Überwachungskamera durch eine andere Angestellte auswerten. Dabei stellte sich heraus, dass die Minijobberin an zwei Tagen im Februar 2016 vereinnahmte Gelder nicht in die Registrierkasse gelegt hatte. Sie wurde daraufhin fristlos entlassen. Dagegen wehrte sich die Gekündigte und reichte eine Gerichtsklage gegen den Arbeitgeber ein.

Der Weg durch die Instanzen

Mit ihrer Kündigungsschutzklage hatte die Frau sowohl beim Arbeitsgericht als auch beim Landesarbeitsgericht zunächst Erfolg. Die Richter beider Instanzen schlossen sich der Meinung der Klägerin an, dass die Videoaufzeichnungen einem Verwertungsverbot unterlegen hätten. Denn der Arbeitgeber wäre dazu verpflichtet gewesen, die Aufzeichnungen zeitnah auszuwerten und sie danach unverzüglich zu löschen.

Doch dem wollten sich die Richter des von dem Arbeitgeber in Revision angerufenen Bundesarbeitsgerichts nicht anschließen. Sie hoben das Urteil der Vorinstanz auf und wiesen die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Das muss zunächst klären, ob die Videoüberwachung rechtmäßig war, denn das konnte das Bundesarbeitsgericht nach den bisherigen Feststellungen der Vorinstanz nicht beurteilen.

Auf die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung kommt es an

Sollte die offene Videoüberwachung rechtmäßig gewesen sein, so wäre die Verarbeitung und Nutzung der Daten durch den Arbeitgeber nach Ansicht der Bundesrichter auch dann rechtmäßig gewesen, wenn sie nicht zeitnah erfolgte.

Der Arbeitgeber habe nämlich mit der Auswertung so lange warten dürfen, bis er hierzu einen berechtigten Anlass sah. Die die Klägerin belastenden Aufzeichnungen würden damit keinem Verwertungsverbot unterliegen und sie auch nicht in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Artikel 2 Absatz 1 GG (Grundgesetz) in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 GG verletzen.

Kein Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz

Die Verarbeitung und Nutzung der Bildsequenzen habe auch nicht gegen die zum Zeitpunkt des behaupteten Verstoßes geltenden Bestimmungen des Bundesdatenschutz-Gesetzes (BDSG) verstoßen.

In der bis zum 25. Mai 2018 geltenden Fassung in Paragraf 32 Absatz 1 Satz 1 BDSG heißt es: „Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungs-Verhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungs-Verhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungs-Verhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.“ Dem steht nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts auch die seitdem geltende Datenschutz-Grundverordnung im weiteren Verfahren nicht entgegen.

Kostenschutz für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Wer sich als Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlt – im genannten Gerichtsfall war die Klägerin der Ansicht, dass die Kündigung des Arbeitgebers ungerechtfertigt sei –, kann prüfen lassen, ob das Vorgehen des Arbeitgebers rechtens ist. Wenn man allerdings einen Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht austrägt, muss man die eigenen Anwaltskosten, die in der ersten Instanz anfallen, selbst tragen – und zwar egal, ob man gewonnen oder verloren hat. Das gilt für den Arbeitgeber wie auch für den Arbeitnehmer.

Kostenschutz für Arbeitsgerichts-Streitigkeiten kann ein Arbeitnehmer durch eine Privat- und Berufsrechtsschutz-Versicherung haben. Sie übernimmt im Versicherungsfall die Kosten für derartige, aber auch für zahlreiche andere Streitigkeiten, wenn der Versicherer vorab eine Deckungszusage erteilt hat. Doch auch ein Arbeitgeber kann sich mit einer Firmenrechtsschutz-Versicherung unter anderem gegen das Kostenrisiko eines Gerichtsstreits vor dem Arbeitsgericht bezüglich Streitigkeiten mit Arbeitnehmern absichern.

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