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Wenn ein betrunkener Autofahrer eine unaufmerksame Fußgängerin überfährt

07.03.2024   Wenn zwei Verkehrsteilnehmer je einen Fehler begehen und es dadurch zu einem Unfall kommt, ist die Schuldfrage nicht immer leicht zu klären. Welche Besonderheit es jedoch gibt, wenn einer der Beteiligten beim Unfall betrunken war, zeigt ein Gerichtsurteil.

Ereignet sich ein Unfall in einer Verkehrssituation und unter Umständen, die ein nüchterner Fahrzeugführer hätte meistern können, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Trunkenheit des Fahrers Ursache für den Unfall war. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jüngst mit einem Urteil entschieden (26 U 11/23).

Eine Frau wollte zusammen mit vier weiteren Personen eine Straße überqueren. Dabei wurde sie von einem Auto erfasst und in die Höhe geschleudert. Zum Zeitpunkt des Unfalls hatte sie, anders als ihre Begleiter, eine in der Straßenmitte befindliche Verkehrsinsel noch nicht erreicht.

Bei dem Unfall wurde die Frau schwer verletzt. Vom Fahrer des Pkws forderte sie mittels einer Gerichtsklage Schadenersatz sowie ein Schmerzensgeld. Dies begründete sie unter anderem damit, dass der Autofahrer mit einer Blutalkohol-Konzentration von 0,96 Promille nicht ausreichend dazu in der Lage gewesen sei, den Unfall zu verhindern.

Haftungsquote von 75 Prozent zulasten des Autofahrers

Dem wollte das in erster Instanz mit dem Fall befasste Gießener Landgericht nicht widersprechen. Es gab der Forderung jedoch nur zur Hälfte statt. Denn die Geschädigte habe wegen ihrer Unaufmerksamkeit den Unfall in erheblichem Maße mitverschuldet.

Mit ihrer daraufhin beim Frankfurter Oberlandesgericht eingelegten Berufung hatte die Verletzte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht ging von einer Haftungsquote in Höhe von 75 Prozent zulasten des beklagten Autofahrers beziehungsweise dessen Kfz-Haftpflichtversicherer aus.

Gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen

Nach Überzeugung der Richter hat der Beklagte gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen. Denn obwohl er die Klägerin habe wahrnehmen können und müssen, habe er nicht gebremst.

Er habe auch nicht auf ein verkehrsgerechtes Verhalten der Frau vertrauen dürfen. Denn diese habe für ihn ersichtlich entgegen ihrer Verpflichtung, den Fahrzeugverkehr zu beachten, die Straße überquert.

Anscheinsbeweis gegen den Beklagten

Zudem sei der Beklagte erheblich alkoholisiert Auto gefahren. Das Führen eines Kraftfahrzeugs in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand sei als grober Verstoß gegen die Grundsätze der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt anzusehen. Wer angetrunken ein Kfz führe, handele folglich grob fahrlässig.

Der Autofahrer habe damit die entscheidende Ursache für den Unfall gesetzt. „Denn es ist davon auszugehen, dass ihm der Verkehrsverstoß unterlaufen ist, weil er alkoholisiert gewesen ist“, so das Gericht.

Insoweit spreche ein Anscheinsbeweis gegen den Beklagten. Denn der Unfall habe sich in einer Verkehrslage und unter Umständen ereignet, die ein nüchterner Fahrer hätte meistern können.

Mitverschulden der Verunfallten

Die Klägerin müsse sich jedoch wegen ihres eigenen Verkehrsverstoßes ein Mitverschulden in Höhe von 25 Prozent anrechnen lassen. Das Fahrzeug des Beklagten sei für sie nämlich erkennbar gewesen, als sie die Fahrbahn entgegen den Regeln der Straßenverkehrsordnung betreten habe.

Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision gegen ihre Entscheidung zuzulassen. Das Urteil kann daher allenfalls mit einer Nichtzulassungs-Beschwerde beim Bundesgerichtshof angefochten werden.

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