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E-Bike-Tuning: Nicht alles, was möglich ist, ist auch erlaubt
Tuning ist nicht nur bei Autos, sondern auch bei Elektrofahrrädern möglich. Doch wie auch bei Pkws, sollte man wissen, was bei E-Bikes erlaubt ist und was nicht. Anderenfalls kann dies nicht nur gefährlich, sondern auch teuer sein und zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.
In Kulmbach stoppte die Polizei vergangenen Sommer einen 40-jährigen Radfahrer, der sein Elektrorad „frisiert“, also unerlaubt schneller gemacht hatte. Das Rad erreichte auf der Geraden ohne Probleme 60 Stundenkilometer und bergab bis zu 80 Stundenkilometer. Nur unwesentlich langsamer war das getunte Elektrorad eines 36-Jährigen, der im März 2022 in Darmstadt angehalten wurde. 50 Stundenkilometer erreichte das Rad – ohne dass man überhaupt treten musste. Derartige Umbauten und Tuningmaßnahmen sind illegal und werden von der Polizei geahndet.
Passiert damit ein Unfall, ist weiterer Ärger vorprogrammiert. Diese drastisch frisierten Elektrofahrräder sind nur die Spitze des Eisbergs. Experten schätzen, dass bis zu einem Drittel der Elektrofahrräder illegal getunt sein könnten und die Motorunterstützung dann weit über den legalen 25 Stundenkilometern funktioniert. Durch derartige Veränderungen steigt nicht nur das individuelle Unfallrisiko – schließlich sind beispielsweise weder die Bremsen noch die Gabel oder der Rahmen auf derartige Dauergeschwindigkeiten ausgelegt –, sondern es droht auch noch jede Menge Ärger.
Wenn aus dem Fahrrad ein Kleinkraft- oder aus dem S-Pedelec ein Motorrad wird
Unfallschäden, die mit einem Fahrrad oder einem Pedelec verursacht werden, sind, wenn vereinbart, über die Privathaftpflicht-Versicherung abgedeckt – sofern der Fahrer eine solche hat. Außerdem muss das Pedelec den rechtlichen Vorschriften entsprechen, damit es einem Fahrrad gleichgestellt ist. Das bedeutet: Unterstützt werden darf der Fahrer nur bis zu einer maximalen Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometer, sofern der Fahrer in die Pedale tritt. Ohne zu treten, darf ein Pedelec bis sechs Stundenkilometer fahren (Schiebehilfe). Außerdem ist die Motorleistung auf 250 Watt beschränkt.Etwas anders sieht die Sache bei einem S-Pedelec aus, das bis maximal 45 Stundenkilometer unterstützt. Diese sind nämlich im rechtlichen Sinn keine Fahrräder, sondern Kleinkrafträder. Für diese Fahrzeuge ist in der Folge ein Versicherungs-Kennzeichen vorgeschrieben, der Fahrer benötigt außerdem einen TÜV-geprüften Helm und muss einen Führerschein der Klasse AM besitzen. Manipulieren – also entsprechend schneller machen – lassen sich sowohl normale Pedelecs als auch S-Pedelecs.
Wird ein normales Pedelec entsprechend verändert, beispielsweise durch den Einbau eines stärkeren Motors oder durch die Manipulation der Software des Rads, sodass der Motor auch über eine Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern unterstützt, wird rechtlich aus dem Pedelec ein Kleinkraftrad – das weder eine Betriebserlaubnis noch den vorgeschriebenen Versicherungsschutz hat. Wird ein S-Pedelec frisiert, wird rechtlich aus dem Kleinkraftrad ein Motorrad, das dann weder über eine gültige Betriebserlaubnis noch einen korrekten Versicherungsschutz verfügt.
Diese Folgen drohen
Wer mit einem frisierten Elektrofahrrad auf öffentlichen Wegen und Straßen unterwegs ist und von der Polizei erwischt wird, muss sich auf jeden Fall wegen Fahren ohne gültige Betriebserlaubnis verantworten. Buße: 70 Euro und ein Punkt in der Verkehrssünderdatei in Flensburg. Hinzu kommt ein Verstoß gegen das Pflichtversicherungs-Gesetz. Das wiederum ist eine Straftat und kann mit hohen Geldbußen und sogar mit Freiheitsstrafe geahndet werden.Hinzu kommt, dass die Fahrer unter Umständen auch ohne den notwendigen Führerschein unterwegs sind – und auch das ist eine Straftat. Auch hier drohen drastische Geld- und eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.
Richtig teuer wird es dann, wenn mit einem getunten Pedelec ein Unfall verursacht wird. Denn der mit einem illegal getunten E-Bike verursachte Schaden – der bei Personenschäden auch durchaus in die Hunderttausende gehen kann – muss nicht von der privaten Haftpflichtversicherung übernommen werden. Und so haftet der Fahrer mit seinem gesamten aktuellen und zukünftigen Vermögen: ein hohes Risiko für ein paar Stundenkilometer mehr. Bei einem getunten S-Pedelec kann die Kfz-Haftpflichtversicherung einen Regress vom Radhalter oder -fahrer verlangen.
Was erlaubt ist (und was nicht)
Es ist vollkommen legal, Tuningchips, eine veränderte Software oder einen stärkeren Motor für ein Pedelec anzubieten. Und so wundert es nicht, dass sich auf nahezu allen Marktplätzen im Internet entsprechende Angebote finden. Es ist auch nicht illegal, diese zu installieren, sofern – und das ist der Haken – das Rad nur auf privatem und nicht auf öffentlichem Grund genutzt wird. Die Verantwortung trägt also nicht der Händler oder Verkäufer, sondern der Fahrer. Das Gleiche gilt auch für neue Elektrofahrräder oder Umbausätze, welche die deutschen Vorgaben für Pedelecs nicht erfüllen.Angeboten werden derartige Modelle beispielsweise im Internet. Auch hier muss man sich darüber im Klaren sein, dass ein Motor mit mehr als 250 Watt Leistung und einer Unterstützung über sechs Stundenkilometer hinaus ohne Treten oder über 25 Stundenkilometer hinaus mit Treten dazu führt, dass aus dem Pedelec ein Kleinkraftrad wird – mit all den rechtlichen Folgen und Problemen, die bereits angesprochen wurden. Übrigens: Völlig unbedenklich ist es, wenn man einen Akku mit einer höheren Leistung einbaut und damit eine größere Maximalreichweite mit einer Akkuladung erreicht.
Tipp: In vielen Hausratversicherungs-Policen können Pedelecs teils optional gegen Diebstahl versichert werden. Wie hoch die Versicherungssumme und wie der Versicherungsumfang gefasst sind, kann dabei variieren, sodass es sich durchaus lohnt, hier einen Versicherungsfachmann zurate zu ziehen. Eine umfassende Absicherung des Pedelecs ist mit einer eigenständigen Fahrrad-Versicherung möglich, die je nach Vereinbarung auch bei Schäden durch Diebstahl und Unfall beispielsweise bei einem Sturz oder auch bei Vandalismusschäden leistet.