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Unzufriedenheit bei Krankenversicherten erhöht Wechselwillen
Fast 60 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten denkt über einen Wechsel nach, entweder zu einer neuen Krankenkasse oder aber einer privaten Krankenversicherung. Gerade Familien mit Kindern begegnen der angekündigten Erhöhungen des Zusatzbeitrags.
Verbraucher reagieren auf die gestiegenen Lebenshaltungskosten mit Sparmaßnahmen. Davon ist auch die Wahl der jeweiligen Krankenversicherung betroffen, wie eine Studie der Unternehmensberatung Horváth AG belegt.
Die Auswertung „Beitragserhöhung und Wechselbereitschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung 2022“ basiert auf einer Umfrage unter 1.000 Bürgern ab 18 Jahren.
14 Prozent liebäugeln mit der privaten Krankenversicherung
Knapp 60 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten denkt darüber nach, die derzeitige Krankenkasse zu verlassen, um in eine günstigere Alternative zu wechseln.45 Prozent der Wechselwilligen will zu einer anderen Krankenkasse als sie bisher versichert sind, gehen und 14 Prozent der Befragten zur privaten Krankenversicherung (PKV). Von den Singles such unter 50 Prozent einen preiswerteren Anbieter, bei Familien mit Kindern sind es 70 Prozent.
Grund für die Bereitschaft, sich auf eine andere Krankenkasse einzulassen oder gleich zur PKV zu wechseln, sind die anstehenden Kostenerhöhungen. Kürzlich hatte Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Anhebung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes um 0,3 Punkte auf 1,6 Prozent ab 2023 nicht ausgeschlossen.
„Auf Grundlage der Ergebnisse des GKV-Schätzerkreises im Herbst wird das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der Gesetzlichen Krankenversicherung festlegen. Eine Anhebung des Zusatzbeitrags um 0,3 Prozentpunkte ist derzeit nicht unrealistisch“, so das BMG. Der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegt 2022 bei 1,3 Prozent.
Steigende Sozialabgabenlast
Damit würden die Beiträge für die Sozialversicherungen, die Arbeitnehmer und Arbeitgeber in etwa je zur Hälfte tragen müssen, in Relation zum Arbeitnehmergehalt auf insgesamt 40,25 Prozent (bei ab 23-jährigen Arbeitnehmern mit Kindern) oder 40,6 Prozent (bei kinderlosen Arbeitnehmern) steigen. Sie würden damit erstmals seit 2012 wieder deutlich die 40-Prozent-Marke überschreiten.In einigen Fällen ist der Anteil schon heute höher. Denn bereits in diesem Jahr verlangen 39 der 97 Kassen deutlich mehr als den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, konkret zwischen 1,35 und 2,40 Prozent. Jede Krankenkasse kann nämlich je nach eigener Finanzlage die Höhe ihres Zusatzbeitragssatzes selbst festlegen.
Bei den Wechselabsichten der Versicherten spielt aber nicht nur die finanzielle Belastung eine große Rolle. Insgesamt über alle Befragten hinweg liegt das Kriterium der niedrigen Kosten mit 62 Prozent nur leicht vor dem Wechselgrund der besseren Versorgungsangebote (58 Prozent).
Auch die gebotenen Leistungen sind ein Wechselgrund
Bei Familien ist die Priorisierung sogar umgekehrt: Hier liegen die Versicherungsleistungen mit 56 Prozent knapp vor den niedrigen Kosten (55 Prozent). Guter und schneller Kundenservice landete laut Befragung mit Abstand (37 Prozent Relevanz) in beiden Gruppen an dritter Stelle. Digitale Angebote und Nachhaltigkeit folgen auf den Plätzen vier und fünf.Zwar müssen alle Krankenkassen einen Mindestschutz anbieten, der unter anderem im GKV-Leistungskatalog festgelegt ist. Darüber hinaus kann jedoch jede Kasse ihren Versicherten auch Zusatzleistungen anbieten, beispielsweise über Satzungsregelungen und Bonusprogramme.
So zahlen einige Kassen beispielsweise Zuschüsse für eine professionelle Zahnreinigung sowie eine osteopathische und/oder homöopathische Behandlung, obwohl diese nicht im GKV-Leistungskatalog enthalten sind.
Wer jedoch einen noch umfangreicheren Versicherungsschutz möchte, kann eine private Krankenzusatz-Versicherung abschließen oder, wenn möglich, komplett zur PKV wechseln.
Unterschiede der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung
Während die Kassenleistungen nämlich überwiegend durch den GKV-Leistungskatalog festgelegt sind, kann man in der PKV den Versicherungsumfang individuell mit dem Versicherer vereinbaren.Unter anderem ist dort je nach Vertragsvereinbarung eine freie Wahl zwischen Ärzten und Kliniken mit oder ohne Kassenzulassung sowie eine Krankenhaus-Unterbringung in einem Ein- oder Zweibettzimmer mit Chefarztbehandlung möglich.
Ebenso können zahlreiche Behandlungs- und Therapiemethoden, welche die Kassen nicht oder nur zum Teil übernehmen, wie die Kosten für einen höherwertigen Zahnersatz, Osteopathie und alternative Heilbehandlungen, in einer PKV-Police als Leistungsumfang mitversichert werden.
Und es gibt noch einen Unterschied zwischen PKV und GKV: Während die Beitragshöhe bei der GKV bei Arbeitnehmern vom Einkommen abhängt, orientiert sie sich für einen PKV-Versicherten am vereinbarten Leistungsumfang, am Alter und am Gesundheitszustand bei Vertragsabschluss beziehungsweise bei Versicherungsbeginn. Mit einer meist optional vereinbarten Selbstbeteiligung lässt sich in einer privaten Krankenversicherungs-Police die Prämienhöhe zudem reduzieren
Wann ein Wechsel möglich ist
Wer als Arbeitnehmer von der GKV in die PKV wechseln möchte, muss ein Einkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgelt-Grenze, auch Versicherungspflicht-Grenze genannt, haben. Die gesetzliche Versicherungspflicht eines Arbeitnehmers in der GKV endet nämlich erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Jahresbruttoverdienst über der Versicherungspflicht-Grenze liegt, sofern auch im nächsten Jahr das Gehalt höher ist als die dann gültige Jahresarbeitsentgelt-Grenze.Um beispielsweise seit dem 1. Januar 2022 in der GKV versicherungsfrei zu sein und damit in die PKV wechseln zu können, muss man in 2021 und in 2022 jeweils ein Bruttojahresgehalt von über 64.350 Euro haben.
Bei einem Jobwechsel entfällt die Kündigungsfrist
Wer nach Ende der Versicherungspflicht vorerst als freiwilliges Mitglied in der GKV versichert bleibt, unterliegt für einen späteren Wechsel in die PKV einer Kündigungsfrist in der GKV von zwei Monaten zum Monatsende.Bei einem Jobwechsel kann man auch ohne Kündigungsfrist von der GKV zur PKV wechseln, wenn im neuen Job das Gehalt für die nächsten zwölf Monate über der Versicherungspflicht-Grenze liegt.
Wer als Arbeitnehmer kündigt, um künftig als Selbstständiger oder Freiberufler zu arbeiten, kann unabhängig von der künftigen Einkommenshöhe ab Beginn der Selbstständigkeit von der GKV in die PKV wechseln. Ein Versicherungsexperte berät auf Wunsch, wann ein Wechsel möglich ist, und wie sich ein individuell gewünschter Krankenversicherungs-Schutz realisieren lässt.